Interview Uwe Kröger

Wiens neuer Musical-Hit 2014: Der Besuch der alten Dame

Im Gespräch mit Uwe Kröger, Deutschlands Musicalstar Nr. 1

Wer zur Zeit durch Wien spaziert, kommt am „Besuch der alten Dame“ nicht vorbei. Die Plakate für den neuesten Bühnenhit im Ronacher sind an Litfaßsäulen, an Fassaden und in U- Bahnhöfen überall präsent. Riesig sind die Poster, überlebensgroß die abgebildeten Personen. Und das gehört sich auch so, denn die beiden größten Stars im deutschsprachigen Musicalraum spielen schließlich die Hauptrollen:
Pia Douwes und Uwe Kröger. 1992 setzten die Holländerin und der Deutsche mit ihren Rolleninterpretationen als „Kaiserin“ und „Tod“ neue Maßstäbe in der Musicalszene und starteten den Siegeszug des Musicals „Elisabeth“.

Mit ihrer aktuellen Arbeit im prächtigen Ronacher-Theater fügen die Ausnahme-Künstler ihren zahlreichen Erfolgen einen weiteren Edelstein hinzu. Im Dürrenmatt-Bühnenklassiker „Der Besuch der alten Dame“, der in Wien seit Februar 2014 (und nur noch bis Juni!) in einer opulenten Musicalversion gezeigt wird, ist das Traumpaar endlich wieder in einem Stück vereint. „Pia und ich sind wie zwei Magnete, wir verstehen uns blind, ich weiß schon im voraus, welchen Ton sie gleich singen wird,“ versucht Uwe Kröger das Geheimnis des Dreamteams zu erklären. „ Das ist ein Geschenk, ein Traum! Das gibt es ganz selten und dafür bin ich dankbar“, so Kröger über das wie Magie anmutende Zusammenspiel der beiden auf der Bühne.

Und diese Magie spürt das Publikum bis in die hinterste Reihe. Pia Douwes ist die verbitterte Claire, die auch noch Jahrzehnte später Rache für das Unrecht nehmen will, das ihr als junges Mädchen angetan wurde. Rache an ihrem Heimatort und vor allem an ihrer einstigen großen Liebe Alfred, der sie verleugnet und zum Gespött der Leute gemacht hat. Als reiche Frau kehrt sie in das heruntergekommene Dorf Güllen zurück, einzig mit dem Ziel, sich zu rächen. Als Claire nach vielen Jahren Alfred (Uwe Kröger) gegenüber steht, ist zwar die alte Verliebtheit zurück (wunderschönes Duett: „Liebe endet nie“), doch ein Happy End wird es nicht geben. „Wir spielen nicht das klassische Liebespaar. Es muss immer etwas Drama dabei sein. Die Leute wollen berührt werden. Sonst wär es ja fad“, so Kröger.

Von Langeweile kann bei diesem Stoff wahrlich nicht die Rede sein. Ein echter Thriller wird da
2 1/2 Stunden abgespielt. Claires unmoralisches Angebot an die Güllener lautet nämlich: Zwei Milliarden Euro für Euch - und dafür muss Alfred sterben! Zunächst ist man entsetzt (im Song „Ungeheuerlich“ eindrucksvoll vom Ensemble dargestellt), was da von den braven Bürgern verlangt wird. Doch immer mehr Menschen können den Verführungen des Geldes nicht widerstehen. Die Gummi-Stiefel werden schnell gegen chice Pumps getauscht, die graue Häuserzeile bekommt bunte Lichtreklamen. Die Jagd auf Alfred beginnt...

Kröger über die Figur des Alfred Ill: „Ich liebe es, wie die Rolle angelegt ist. Zu Beginn komme ich als unscheinbarer, langweiliger Mann, quasi als graue Maus, auf die Bühne und mache dann eine starke Entwicklung durch. Stress, Verfolgung und das Auseinandersetzen mit der eigenen Vergangenheit führen bei Alfred zur Läuterung. Irgendwann hört er auf, sich zu wehren. Dürrenmatt hat das mal mit dem Messias verglichen, der schließlich sein Schicksal annimmt und zur Kreuzigung schreitet. Das ist spannend zu spielen, ich bin ja fast ständig auf der Bühne und bewege mich in der Geschichte wie in einem Film. Dadurch erlebt der Zuschauer die Story aus meiner Perspektive, kann nachempfinden, wie es ist, gejagt zu werden. Das Publikum reagiert entsprechend und fragt sich: Wie hätte ich eigentlich gehandelt? Mobbing, Gewalt und Mitläufertum sind in der heutigen Zeit an der Tagesordnung. Leider. Die Leute aus Güllen sehen nur ihren Vorteil und blenden Moral aus. So ist das nun mal, wenn die Not einen dazu treibt, sich sein persönliches Handeln zurechtzubiegen. Sich zu arrangieren, das ist nur allzu menschlich.“

Der Musical-Abend im Ronacher ist also keine leichte Kost. Kein Hopsasa-Trallala und am Ende gehen alle singend und pfeifend nach Hause. Die Zuschauer lassen sich gerne ein auf die spannende Handlung, die zum Nachdenken anregt. Vergebung, Rache, Schuld und Sühne werden verpackt in großes Entertainment, dargeboten von wahren Könnern auf und hinter der Bühne. Den großen Applaus zum Finale holen sich alle Beteiligten zu Recht ab. Ein paar Kritiker, die über den Dürrenmatt im Musical-Kleid schimpfen, gibt es trotzdem. „Kein Stoff für ein Musical? Diese Kritiker sind nicht anders als die dahin dümpelnden Güllener“, kann Uwe Kröger nur den Kopf schütteln. „Würde man so denken, dann würde sich in der Kunst nichts weiterentwickeln. Brecht, Shakespeare - es gäbe sie heute gar nicht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Statt das Stück abzulehnen, sollte man dankbar sein, dass sich jemand mit diesem Thema auseinandergesetzt hat, Texte bearbeitet, Musik komponiert hat, kreativ war. Wir wollen die Zuschauer mit der Geschichte zum Nachdenken bringen, das ist wichtig. Und die vielen positiven Reaktionen des Publikums geben uns recht.“

Mit der Rolle des Alfred Ill stand Musicalstar Uwe Kröger gleichzeitig in bis zu drei Hauptpartien in Musicals, die unterschiedlicher nicht sein konnten, in Wien und im Salzburger Landestheater (in „The Sound of Music“ und „La Cage aux Folles“) auf der Bühne. Er ist das „Zugpferd“, auf ihm lastet der Druck. Doppelter Stress. Seine Engagements sind schon bis Ende 2015 durchgeplant. Neben all seinen Live- und TV-Auftritten ist der modebegeisterte Künstler auch Trendscout im Auftrag der Wiener Boutique Mondrean. Was tut er, um abzuschalten? „Ich nutze die Zeit im Zug oder im Flugzeug zum Schlafen. Normalerweise stehe ich morgens schon um 7 Uhr auf, muss aber abends immer noch fit für die Bühne sein. Da lege mich auch mal gerne nachmittags ein Stündchen hin. Es hilft mir auch, mit meinem Personal Trainer Christopher zu arbeiten. Der powert mich aus und sorgt für meine Kondition. Bevor ich im Sommer in Merzig im neuen Musical „The Addams Family“ auf der Bühne stehe, geht es aber erst einmal für zwei Wochen in den Süden. Urlaub!“.

Zum Jahresende steht ein weiteres Highlight in Uwes Kalender: Kröger wird 50 und feiert dies - wie könnte es auch anders sein – mit einer Überraschungsshow am 4.12.14 in der Wiener Stadthalle. Und zum runden Geburtstag wird ein Buch erscheinen, das er zusammen mit Claudio Honsal (ein Journalist mit viel Gespür für Biografien) geschrieben hat: „Ich bin, was ich bin“ wird sie heißen, nach Titelzeile des bekanntesten Songs aus „La Cage aux Folles“. Kröger: „Ich erzähle aus meinem Leben, der Leser erfährt: Wie tickt der Uwe eigentlich? Und er wird lesen, wie hart es ist, sich über so viele Jahre im Musical Business an der Spitze behaupten zu können. Musical wurde lange nicht ernst genommen, dabei wird eine große Vielseitigkeit verlangt, wie sonst in keiner anderen Kunstform. Zum Glück sprechen die Besucherzahlen eine andere Sprache. Wenn es den Menschen mal nicht gut geht, wollen sie im Theater abschalten, sich wieder Kraft holen. Wollen für ein paar Stunden mitfühlen, in eine Geschichte eintauchen. Wir liefern mit dem Musical den Zuckerguss auf ihren Alltag.“

Und noch ein Geschenk macht sich Uwe Kröger selbst zum Geburtstag: Mit Kollegin Pia Douwes geht er 2015 mit einer Musical-Gala auf Tournee durch den ganzen deutschsprachigen Raum. Hört sich schon wieder nach viel Arbeit an, doch weil Uwe und Pia jede Zusammenarbeit einfach nur genießen, wird so eine Tour für beide das reinste Vergnügen. Wie Uwe schon heute sagt: „Auf diese Zeit freue ich mich schon jetzt.“.

Mehr Informationen: www.musicalsvienna.at - www.uwekroeger.com


Wir danken Gaby Hildenbrandt für die Überlassung dieses Interviews sowie ihren Einblick in das Musical "Der Besuch der alten Dame".
Das Copyright liegt ausschließlich bei Gaby Hildenbrandt.